Mittwoch, 16. Juli 2008

726 Commonwealth Avenue, Boston, 02215, MA

Hallo zusammen,

heute berichte ich über den Tag, der irgendwann ja kommen musste: Umzugstag! Länger war das Hotel nicht bezahlbar und deswegen heisst es umziehen in die Studentenbude. Die erste Enttäuschung ereilte uns schon vor dem Einzug. Das Office of Housing teilte uns mit, dass wir nicht das gewünschte Appartment (zwei getrennte Schlafräume und ein Wohnraum) bekommen würden, sondern ein Appartment mit einem Schlaf- und einem Wohnraum. Nichts gegen meinen Roomie, aber sieben Wochen wollte keiner von uns das Zimmer teilen. Zum Glück dürfen wir Möbel rücken...!

Am Sonntag dem 29. Juni 2008 um zwölf Uhr dürfen wir unsere Schlüssel abholen. Nach einem längeren Gespräch mit einem sehr netten und sehr gut Deutsch sprechenden Amerikaner über Politik (Was macht die Linke in Deutschland? Wie reagiert die SPD auf das Verhalten von Frau Metzger?) und dem wiederholten Ausfüllen irgendwelcher Formulare an x Stationen (jeweils ein Tisch mit einem BU-Mitarbeiter - die müssen mit hunderten Neuankömmlingen gerechnet haben) bekommen wir tatsächlich unsere Schlüssel.

Durch eine doch ganz nette Holztür kommen wir in den eher ungepflegten Flur. Der Schlüssel für die innere Haustür passt, wenn auch nur nach vielem Rütteln. In den Fahrstuhl und ab in den fünften Stock. Appartment 501 wird für die nächsten Wochen unsere Heimat sein. Nach einigen Versuchen haben auch wir verstanden, dass es ein Schloss zum Abschließen und ein Schloss zum Öffnen der Tür gibt (die Schlüssel steckt man sinnvoller Weise einmal mit Bart nach unten und einmal mit Bart nach oben in die Schlösser).

Und da stehen wir in unserem kleinen Reich. Erster Eindruck: deutlich sauberer als erwartet. Unsere Immobilienabteilung hätte das Appartment vieleicht so beschrieben: Blick ins Grüne (Baum vor der Tür) und doch verkehrgünstig gelegen (Hauptstraße und Straßenbahn in Steinwurfdistanz). Betört doch den klassischen Charme individuellen Purismus (jeder hat ein Bett, einen Stuhl, einen Schreibtisch, eine Kommode). Praktische Einrichtung (ja, hier ist nichts, was nicht praktisch wäre - könnte daran liegen, dass fast nichts da ist) bei geringen Heizkosten (im sommerlichen Boston fällt die Raumtemperatur nie unter 25 Grad). Die Energiekosten halten sich auch in Grenzen, da man auf die Klimaanlage verzichtet hat.

Ich möchte wirklich nicht schimpfen, wir hatten deutlich weniger erwartet. Also rücken wir die Möbel, sodass jeder ein eigenes Zimmer bewohnen kann. Mein Roomie bekommt den ursprünglichen Schlafraum, der kleiner ist, aber über eine eigene Tür verfügt. Ich werde im größeren eigentlichen Wohnraum nächtigen. Deswegen steht bei mir auch der gemeinschaftlich zu nutzende Tisch. Außerdem gibt es noch eine Kochecke und ein kleines Bad. Nicht zu vergessen ist der freie Internetzugang.

Und das - liebe Leser - ist der Blick von meinem Bett aus auf die Boston University. Na wenn das nicht versöhnlich ist, dann weiss ich es auch nicht. Und es ist schon erstaunlich, wie man sein eigenes kleines Reich (wenn auch ohne Tür) zu schätzen lernt.

Greetings from Boston


Manuel

PS: Das die Hauptstraße vor dem Haus gerade erneuert wird, was leider nur Nachts erledigt werden kann (Presslufthämmer um 2:00 am sind völlig normal) und Morgens ab 7:00 am die andere Haushälfte kernsaniert wird, lasse ich an dieser Stelle einfach mal unter den Tisch fallen.

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